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Artikel vom 18.12.2014

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Cinéma

Überforderte Frauen

Western-Freunde dürfen sich freuen: Mit «Homesman» gleich zweieinhalb Stunden lang. Ab 18. Dezember im Kino Atelier.

Von Ottokar Schnepf



Unterwegs in einem Western-Road-Movie mit überraschendem Ausgang: Tommy Lee Jones als George Briggs und Hilary Swank als Mary Bee Cuddy.


Selten schaffen heutzutage Western den Weg in unsere Kinos. Das älteste Filmgenre der Kinogeschichte ist einfach nicht mehr gefragt. Doch Tommy Lee Jones ist es nach «Three Burials» (2006) nochmals gelungen, vor und hinter der Kamera mit «Homesman» einen ergreifenden Western zu liefern.
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Mary Bee Cuddy (Hilary Swank) aus den Nebraska Territories erklärt sich um 1850 bereit, drei psychisch kranke Frauen zurück in die Zivilisation nach Iowa und zu ihren Familien zu bringen, wo sich eine Methodistengemeinde um sie kümmern kann. Als sie George Briggs (Tommy Lee Jones) vor dem Tod durch Erhängen rettet, muss er sie dafür auf diesem Weg begleiten. Als Sold winken ihm 300 Dollar.

Wohin die Reise führt, zeigt eine Einstellung zu Beginn des Films: Durch ein unendlich weites, plattes Land, über das ein kalter Wind weht und in dem wirklich niemand länger alleine unterwegs sein möchte.

Im Laufe der Reise passiert im Grunde nicht viel. Der Weg führt die Ausgestossenen durch karge Landstriche während eisiger Winterkälte. Einzigartig machen nebst den eindrücklichen Bildern den Film die in nur wenigen Rückblenden evozierten Geschichten der drei kranken Frauen.

Sie zeigen die extreme Härte des Lebens im Nirgendwo des Mittleren Westens, das von existenziellen Fragen beherrscht wird: Wie bringe ich ein Kind allein und gesund zur Welt? Woher kommt die nächste Mahlzeit? Wer hilft dem kranken Kind? Wer beerdigt die Toten, wenn im Winter die Erde steinhart gefroren ist? Wer beschützt mich,
wenn mein Mann nicht da ist? Wer beschützt mich vor meinem Mann?

Die Männer aber sind selbst hilflos. Und auch gewalttätig gegenüber ihren Frauen. Sie müssen erkennen, dass ihr Traum vom Westen bei weitem nicht so süss ist, wie sie ihn sich und ihren Frauen einst ausgemalt haben. Letztlich sind sie heilfroh, dass ihnen die Last mit den jetzt unerwünschten Frauen abgenommen wird.

Ein Frauenwestern

Ein Frauenwestern insofern, als er das Schicksal der Frauen im unwirtlichen Westen ernsthaft zum Thema macht. Ein Western, der sich darüber hinaus wagemutig mit der menschlichen Schwäche und des existenziellen Scheiterns beschäftigt. Tommy Lee Jones behandelt seine Figuren sehr feinfühlig. In wiederkehrenden Rückblenden schildert sein kraftvolles Road- Movie das Schicksal der überforderten Pioniers-Frauen sowie deren Flucht in den Wahn.

Ihm gelingt ein kluger Spät-Western, der in vielen klassischen Motiven das Genre zitiert und ehrt, verzichtet aber in seinen äußerst differenzierten Charakteren auf schwarz- und weiß-Zeichnerei. Seine Figuren sind alles andere als strahlende Helden oder meuchelnde Bösewichte, sie sind Individuen, die in dieser rauen Welt (über-)leben müssen.

Vorne weg der von ihm selbst gespielte, ruchlose und wortkarge Gauner Briggs, der nur sich selbst verpflichtet den Weg des geringen Widerstands wählt. Mary Bee Cuddy, die zweite Hauptfigur, wunderbar kernig von Hillary Swank verkörpert, die als Farmerin das Glück und die große Liebe im Westen sucht.

Doch ihre Bildung, ihr Selbstbewusstsein und ihre Tatkraft schrecken Männer ab, deren Horizont nur vom Acker bis zum Saloon reicht. So führt Cuddy ein Leben, das sie nicht erfüllt und in dieser Epoche zum Scheitern verurteilt ist. Wie sie schliesslich scheitert, sehen wir gegen Ende des zweieinhalbstündigen Films.

Selten schaffen heutzutage Western den Weg in unsere Kinos. Das älteste Filmgenre der Kinogeschichte ist einfach nicht mehr gefragt. Doch Tommy Lee Jones ist es nach Three Burials (2006) nochmals gelungen, vor und hinter der Kamera mit Homesman einen ergreifenden Western zu liefern.

Ab 18. Dezember im Kino Atelier.

Von Ottokar Schnepf


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