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Artikel vom 06.11.2008

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Ottokars Cinétips

Weder gerührt noch geschüttelt

Der Abschied von Gestern ist jetzt wohl endgültig. Schon mit «Casino Royal» wurden im James-Bond-Franchise vor zwei Jahren die alten Rituale und viele Eigenarten der Serie getilgt. Schade!

Von Ottokar Schnepf



Bild ohne Worte, aber vielsagendes Bild: 007


Bond-Filme sind Markenzeichen, sie sind eine Gattung für sich. Mehr als andere haben sie den Charakter einer Ware. Man konsumiert Bond wie Scotch Whisky, das Markenzeichen garantiert die Qualität; denn obwohl man sich einig ist, dass «Quantum of Solace» der schwächste (und kürzeste) Film der Serie ist, einen richtig guten hat es sowieso nie gegeben, füllt er die Kassen. Leute, die das ganze Jahr über keinen Fuss ins Kino setzen, den neuen Bond müssen sie jeweils gesehen haben. Warum eigentlich?

Vielleicht könnte man auch den Bond-Film zu den Mitteln rechnen, unbenutzte Aggressionen abzureagieren. In dem wahnwitzigen Publikumsdrang steckt vielleicht mehr Vernunft, als ängstliche Sozialhygieniker vermuten. Bonds Brutalitäten sind gelinde, verglichen mit den Greueln eines handfesten Kriegsfilms. Ihre Hässlichkeit wird durch das schöne Arrangement aufgehoben.

In den früheren Bond-Filmen, den Räuber-und-Gendarmem-Spielen, siegte die Un-Logik des Films über technische Begrenztheiten, das Spiel der Phantasie machte sich lustig über die Wirklichkeit. Nichts mehr von all dem; mit Daniel Craig als Agent gibt es keine Martini-Sprüche mehr, er trinkt Bier wie ein Proletarier, das braucht weder gerührt noch geschüttelt werden. Auch gibt es keine verspielten Gadgets und wenig elegante Britishness: 007 wurde ein emotionsloser Killer im Majestätsauftrag, der seine Kommentare nur mit trocken ironischer Beiläufigkeit raunt. Diese Modernisierung wird auch in «Bond 22» unter der Regie von Marc Foster weitergeführt.

Passend zum aktuellen Heldenzeitgeist bekommt Bond diesmal eine tragische Dimension. Nach dem Tod von seiner grossen Liebe Vesper im letzten Film, sucht der Agent nach den wahren Hintergründen, was ihn auf die Spur einer undurchsichtigen Organisation namens Quantum und zu deren Kopf Dominic Green führt. Wie gewohnt setzen sich dabei an global verstreuten Schauplätzen zwischen England, Haiti, Italien und Bolivien die im Detail recht komplizierten Ereignisse in Gang, bei denen Gut und Böse aber längst nicht mehr auseinander liegen.

Rettete «Bond - James Bond», auf diesen Satz warten wir vergebens, früher noch die ganze Welt vorm eindeutig wahnsinnigen Bösen, steht er diesmal einem Widersacher (von Nestlé?) gegenüber, der unter anderem den Bolivianern das Trinkwasser abdreht. Die Action mit obligatorischen Land-, Wasser- und Luftverfolgungsjagden wird des öftern zu atemlos-nervös und wenig adrenalinhaltig, wenn auch handfest und professionell inszeniert.

Fazit: Bond steht einem Jason Bourne näher als dem glatten Gentleman Bond, den noch Pierce Brosnan zuletzt charmant verkörperte.

Von Ottokar Schnepf


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