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Artikel vom 07.05.2007

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Elsass - Allgemeines

AKTUALISIERT MIT LESERBRIEF

Lucie hat Sarkozy gewählt

Frankreich wählte mit 53 Prozent der personalisierten Stimmen Nicolas Sakorzy zum neuen Präsidenten

Von Jürg-Peter Lienhard



Lucie Metzger aus Hàgànà, angetan mit einem ihrer berüchtigten Tschäpper, wirft Ihr blaues Couvert mit dem Zettel «Nicolas Sarkozy» in die Urne - so wie wahrscheinlich die meisten Sundgauer. Alle Fotos J.-P. Lienhard, Basel © 2007


Ohne den Schweizer, der sie im letzten Moment doch noch an die Urne chauffierte, hätte Sarkozy eine Stimme weniger erhalten. Denn die berühmte Beizerin Lucie von Hegenheim (81) ist gegenwärtig gehbehindert und wäre wohl kaum zur «Salle des Fêtes» gewatschelt, um zu wählen. Das Elsass wird mit Sicherheit mehrheitlich eben so gewählt haben wie Lucie von Hegenheim, wenn nicht gar noch deutlicher als das übrige Frankreich. Die Sarkozyaner jedenfalls feierten in der Grenzregion am Neuweg, als das französische Fernsehen TF1 um exakt 20 Uhr die ersten definitiven Resultate bekanntgab, mit enthusiastischem Applaus.

Ganz kurz noch zum Wahlergebnis von 20 Uhr: Noch bevor alle einzelnen Stimmen ausgezählt sein dürften, steht jedoch fest, dass die Stimmbeteilung bei dieser Stichwahl vom 6. Mai 2007 nochmals um ein paar Zehntelprozente höher ist, als in der ersten Runde vom 22. April 2007, als schon sensationelle 85 Prozent der Wahlberechtigten an die Urne gingen. In deutlichem Abstand zu den 53,4 Prozent der Stimmen für Sarkozy (laut Radio DRS II um 21 Uhr), folgt Ségolène Royal mit lediglich 47 Prozent. Beträchtlich war auch dieses Mal mit 14,7 Prozent die Anzahl der Enthaltungen, wobei sie bei den Stichwahlen der vorangegangenen Präsidentschaftswahlen um Chirac jeweils weit über 19 Prozent lagen.

Der neue französische Präsident Nicolas Sarkozy wird bereits am 16. Mai 2007 ins Amt eingeführt und regiert dann offiziell.

Fotos aus der «Maison pour tous» in Saint-Louis-Neuweg (auf Deutsch: Saint-Louis-La-Chaussée…), an der die Sarkozyaner das Wahlresultat am Bildschirm gemeinsam verfolgten




Es hat gerade erst sieben Uhr abends geschlagen, und noch sind in Saint-Louis-La-Chaussée nicht alle Stimmen ausgezählt. Monsieur Mieslin (hinten links mit Glatze), den Baslern wegen seiner berühmten Gänseleber bekannt, muss sich zusammen mit den anderen Wahlbürohelfern tüchtig sputen, damit das Resultat noch rechtzeitig nach Paris gelangen kann.




Dreiviertelstunden später im selben Raum: Mit der Bekanntgabe des Wahlresultates bricht Applaus aus, aber es ist kein Hurrah-Applaus! Dazu sind die Elsässer in dieser Region wohl zu gesittet.




Man muss sich gar nicht fragen, für wen der Député-Maire von Saint-Louis, Jean Ueberschlag, gestimmt hat - hingegen bleibt diskret offen, wen er da küssend begrüsst…




Allerdings schwenkte schon mal einer sein Kind, auch wenn dieses wohl kaum versteht, wofür das taugte…




Auf seinem blauen T-Shirt - blau ist die Farbe der Sarkozyaner - steht «Ich stimme für Nicolas Sarkozy», und im Hintergrund auf dem Bildschirm kommentiert die unterlegene Ségolène Royal.




Sofort werden Bekannte und Verwandte angerufen und das Resultat diskutiert…




…und manchmal gibts wohl auch betrübliche Antworten…


Leserbrief

Sali bisamma,
Das ist gar kein Wunder ! Hier in dieser Region, die Mentalität ist immer so gewesen. Sobald jemand ein kleines Haus besitzt oder ein grösseres Auto, hat er den Eindruck dass er zu den "besseren Leuten" gehört, obwohl insgesamt die Leute nett sind. Aber wenn es um das "porte-monnaie" geht, tippen sie meistens auf das falsche Pferd. Gut reden, dem Fell nach streicheln, das hat der neue Präsident sehr gut fertiggebracht. 53.06 % ist ein gutes Ergebnis aber ...
- Wenn man monatelang, bevor die Wahlkampagne noch angefangen hat, die Presse, alle Medien, den MEDEF (Gewerkschaft der Arbeitgeber) und noch viele andere Hebel in der Hand hat, ist es gar nicht so umwerfend.
- Jetzt abwarten ! In ein paar Monate, wenn es fast keine "Sécurité Sociale" mehr gibt, wenn es fast kein Arbeitslosengeld mehr gibt, wenn die Aufenthaltsbewilligungen fast alle gestrichen werden, wenn der minimale Dienst für Öffentliche Verkehrsmittel eingeführt wird, wenn die, die heute schon (fast) alles besitzen, noch mehr in der Tasche nehmen mögen und die anderen noch weniger als arm werden ... dann, das Lied das man jetzt freudevoll brüllt "Sarko, Sarko, u.s.w." wird wahrscheinlich einen bitteren Geschmack im Hals von denen die Heute "Honig" trinken, hinterlassen, bis auf die, die natürlich vom "Napo-Sarko" weiterverwöhnt werden. Diese können bald noch mehr an Ihres Bankkonto bringen. Die Steuern werden, wie in Amerika, runtergesetzt, das "bouclier fiscal" (der Deutsche Ausdruck ist mir nicht bekannt, tut mir Leid, vielleicht Steuernsicherheit ?) wird auf max. 50 % gesetzt. Finanzeneinkommen (CAC 40, Börsenprodukte, Grosseinkommen, ...) werden nicht so hoch versteuert wie das Arbeitseinkommen; und so sollte man die Finanzen von Frankreich auf eine bessere Lage bringen ? Der MEDEF wartet schon Lange darauf dass er den "Code du Travail" (Arbeitsrecht) wegwerfen kann. Parisot (Präsidentin des MEDEF) hat ja schon mehrmals gesagt, "die Freiheit hört mit dem Arbeitsrecht auf ...." Das Leitmotiv "mehr arbeiten für mehr Geld" tönt ein bischen nach "Arbeit macht Frei". Es git eine Menge Leute die eigentlich nur arbeiten möchten, aber es fehlt an Arbeit. Jeden Tag wird "delocaliesiert" oder geschlossen. Jede Woche wird noch mehr den grossen privaten Unternehmen zugesteuert, ohne dass diese etwas zurückgeben sollten...
In "Hagena" oder im ganz Elsass, die meisten Leute arbeiten fast alle in der Schweiz oder in Deutschland ... Wenn ein solcher Kandidat wie unser liebe "Sarko" mit der gleichen Politik in der Schweiz und in Deutschland handeln würde, dann hätten diese netten "ganzrechtsorientierten" Grenzgänger keine Arbeit mehr ! Aber überlegen, ist schwieriger als mit der Masse mitbrüllen. In 1933 hatte ein Reichskanzler auch die Mehrzahl ... aber deswegen hatte er doch nicht Recht !

A.B. in C. (Name der Redaktion bekannt)

Von Jürg-Peter Lienhard


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