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Artikel vom 18.09.2009

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Ottokars Cinétips

Himmel statt Altersheim

Wenn der Rentner Carl im computeranimierten «Up» mit seinem Haus in die Luft schwebt, applaudieren Publikum und Presse vereint. Warum eigentlich?

Von Ottokar Schnepf



Die Amerikaner werden immer kindischer und immer dicker und ihre Filme immer idiotischer.


Etwas konsterniert war man schon, als das einst so kunstorientierte Filmfestival in Cannes dieses Jahr mit einem Animationsfilm eröffnet wurde. Nicht nur als Anerkennung der Trickfilmkunst war das zu werten, sondern auch als Verbeugung des Festivals vor den Marketinginteressen Hollywoods.

Obwohl sich bei «Up» ein Rentner per Luftballons mitsamt seinem Haus in den Himmel katapultieren lässt, kann man den Titel auch symbolisch verstehen, als Wegmarke, wo es hingehen soll mit der Filmindustrie.

Denn mitten in der Weltwirtschaftskrise, die längst auch die Filmbranche erfasst hat, soll es aufwärts gehen mit der Wunderwaffe «3-D», um weiterhin den Vorsprung der Kinosäle vor DVD und You-Tube zu behaupten.

Dabei ist «3-D» keineswegs neu. Bereits Alfred Hitchcock drehte 1954 «M for Murder» mit diesem Verfahren, und immer wieder hat man versucht, es zum Erfolg zu führen. Vergebens, das Publikum nahm die Technik nicht an.

So wird es auch diesmal beim dritten «3-D»-Anlauf sein; es bleibt der Eindruck einer Technik, die für fünf Minuten ganz interessant und kurios, aber am Ende doch vor allem umständlich und - je länger der Film dauert - nervtötend ist.

Doch zurück zu «Up», dem neuen Disney/Pixar-Animations-Abenteuer - eine Mischung aus Dschungelbuch und Science-Fiction fürs generationen- übergreifende Grundschulalter - das nur mit Mühe an die Pixar-Geschichten von «Toy Story» über «Finding Nemo» bis zu «Wall-E» heranreicht, deren Stoffe mit viel Zärtlichkeit und überschäumender Fantasie erfunden sind, dass wohl selbst hartnäckige Verächter des Animationsfilms ihren Spass hatten.

Zu Beginn in «Up» sehen wir zwei Kindern zu, die zusammen aufwachsen und später heiraten und dann alt werden - eine zu Tränen rührende Geschichte der verstreichenden Zeit. Übrig bleibt dann der alte Mann; seine Frau ist inzwischen gestorben, und mit ihr alle Hoffnungen auf einen glücklichen Lebensabend.

Als man ihn ins Altersheim schaffen will, hat er über Nacht ein Ballonmeer am Haus befestigt und hebt ab - nach Südamerika, wie der grosse Entdecker Muntz, den sie als Kinder bewundert haben. Oben am Himmel klopft es an der Tür; ein kleiner Junge, der die noch fehlende Pfadfinderplakette für Seniorenhilfe haben will, hatte sich versteckt - und zusammen fliegen die beiden und das Haus nach Paradise Falls, wo sich ihnen ein Riesenvogel und ein sprechender Hund anschliessen. Am Ende müssen sie dem zum frankensteinartigen Bösewicht mutierten Forscheridol Muntz die Stirn bieten.

In dieser banalen Story mit der doppelt widersprüchlichen Sehnsucht nach Aufbruch und Heimat zugleich, mit all ihrer Sentimentalität und einer Pfadfinder-Moral, agieren Carl als ein spiessiger Alter und der kleine Russell als unausstehliches Plappermaul. Dazu setzten die Pixar-Leute neben der mit einer furchtbaren Musiksosse untermalten 3-D-Spielerei noch auf eine vierte Dimension: Rührung.

Von Ottokar Schnepf


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