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Artikel vom 17.12.2007

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Ottokars Cinétips

Aufregender Mafia-Thriller

David Cronenbergs «Eastern Promises» (ab Donnerstag im Kino) ist nach Meinung unseres Filrezensenten der beste Film des zu Ende gehenden Kino-Jahres

Von Ottokar Schnepf



«Eastern Promises»: Filmplakat mit den Tattoos der Russen-Mafia.


Nach der Gewaltsaga «A History of Violence» haben sich Regisseur David Cronenberg und Schauspieler Viggo Mortensen erneut für einen Film zusammengetan, einen Film, der wiederum vor nichts zurückschreckt und bereits auf den Festivals von Toronto, London und San Sebastian ausgiebig gefeiert wurde.

Viggo Mortensen spielt diesmal den mysteriösen Chauffeur Nikolai, der für die russische Mafia in London arbeitet, zum Killer avanciert und selbst zur Zielscheibe wird. Der von David Cronenberg makellos inszenierte Trip durch eine rohe, gewalttätige Welt mit überraschenden Wendungen und nachwirkenden Schockszenen ist ein Kinofilm par excellence
.
«Kennen Sie etwas Aufregenderes als das Kino?», fragte einst Jean-Pierre Melville (Le samourai), doch wirklich Aufregendes vermisst man heutzutage beinahe in jedem neuen Film. Cronenberg aber hat es bis anhin in all seinen Werken (Scanners, Dead Zone, The Brood, The Fly, Dead Ringers, Naked Lunch, M. Butterfly, Crash) bestens verstanden, für Aufregung im Kinosaal zu sorgen.

Ein überliefertes Beispiel dafür stammt aus Cannes, wo bei den Filmfestspielen 2005 Cronenbergs «A History Of Violence» vor der versammelten Weltpresse seine Premiere hatte. Dabei kam es zu einer kurzen, aber lautstarken Eskalation: «Will you fucking piece of shit filmcritics stop laughing and take this film seriously!», brüllte mitten in der Vorführung ein cinéphiler Premierengast, dem das leicht hysterische Amüsement des Publikums zu viel wurde.

Was ist das für ein Film, bei dem professionelle Betrachter aus Liebe zum Film so aggressiv werden? Antwort: Ein Cronenberg-Film eben. Cronenberg sieht, wie der erregte Festivalgast, Film als eine Kunstform und nicht als Möglichkeit Hunderte Millionen von Dollar zu machen: «Ich bin kein Hollywood-Regisseur, ich bin ein kanadischer Filmregisseur».

Übrigens hätte ähnliches auch bei der Premiere von «Eastern Promises» passieren können. Denn auch an diesem Film können sich die Geister leicht scheiden, weil er wie sein Vorgänger getrennt lesbar als Tragödie und Komödie zu verstehen, aber trotzdem beides zugleich ist.

«Funny», wie Cronenberg sagt, der zugleich schonungslose Gewaltexzesse, mythische Gesellschaftsgeschichte und hoch effizienten Thrill als pures, geradliniges Kino mixt und dadurch eine Dynamik entwickelt, die in dieser Form nur noch selten zu finden ist.

Das ist noch nicht alles, Cronenberg inszeniert dieses Drama um eine Spital-Schwester, die miterleben muss, wie ein namenloses Mädchen bei der Geburt ihres Babys stirbt und danach beschliesst, Identität und Familie des Mädchens ausfindig zu machen und dabei mitten in die Machenschaften der Russenmafia gerät, bei denen Mädchen-Handel noch das kleinste Übel ist - mit grandiosem Suspense-Sound und allem denkbaren Spannungsraffinement, mit bedrohlichen Begegnungen, nackten Zweikämpfen und dunklen Geheimnissen, deren Inhalt für Mitwisser tödlich sein können.

Fürwahr der beste, weil von A bis Z kinogerechte Film des Jahres 2007; David Cronenbergs Meisterwerk.

Von Ottokar Schnepf


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