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Artikel vom 02.09.2014

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Rechtspopulismus

Junge SVP ruft zu Denunziantentum auf

Das «Projekt Freie Schulen» will genau das Gegenteil und fordert «demokratisch» Nazi-Methoden

Von Jürg-Peter Lienhard



Das Denunzianten-Projekt der JSVP «Freie Schulen» hat ein Vorbild: Karikatur im Nazi-Hetzblatt «Stürmer» (1934) zur Entfernung der jüdischen Lehrkräfte aus den Schulen. Quelle: «watson.ch»


Das böse Wort «denunzieren» kommt zwar auf der soeben lancierten site der Jungen SVP (JSVP) «Freie Schulen - Stopp der politischen Indoktrination» nicht vor. Kunststück, denn Denunziation ist so das übelste Vergehen, was man in einer zivilisierten, demokratisch konstituierten Gesellschaft begehen kann. Tatsächlich hat die JSVP eine «Online-Meldestelle» in petto, womit die Jung-Rechts-Rechten «der politisch einseitigen Beeinflussung an Schweizer Schulen den Riegel schieben will». Für mehr hier klicken

Und das soll ausgerechnet so geschehen, dass Schüler die «politische Korrektheit ihrer Lehrer und Lehrerinnen im Unterricht und selbst auch ausserhalb überwachen» und wohl vermeintliche Abweichungen der SVP-Meldestelle hinterbringen sollen, argwöhnt zu Recht das Internet-Portal «watson.ch» in seiner Ausgabe vom 2. September 2014. Mit anderen Worten: Die JSVP will die Schüler zum sonst übel beleumdeten «Petzen» aufwiegeln. Ungeachtet der Gefahr der Rufschädigung, ja des Rufmordes, zumal wenn auch noch eitle Schüler-Rache im Spiel ist.

Kein Wunder, dass das Internetportal «watson.ch» an den Repressions- und Spitzelstaat der Nationalsozialisten (Nazi) erinnert, der im März 1933 nach Hitlers Machtergreifung die sogenannte Heimtücke-Verordnung und ein Jahr darauf das «Heimtücke-Gesetz» erliess. Damit sollten missliebige Äusserungen gegen das Nazitum, die NSDAP (Nationalsozialistische deutsche Arbeiterpartei) oder deren Verbrecher-Politiker bei drastischen Strafen, u.a. Konzentrationslager-Haft, unterdrückt werden.

Dabei konnte sich das Verbrecher-Regime auf die Mehrzahl der Bevölkerung verlassen, die bedenkenlos diesem Gesetz der Nazi-Diktatur Folge leistete. So sind schätzungsweise bis zu achtzig Prozent aller Verhaftungen aus meist nichtigem Anlass oder wegen abschätzigen Bemerkungen durch Denunziation erfolgt, schreibt «watson.ch». Sogar Kinder denunzierten ihre eigenen Eltern, nicht zu schweigen von Schülern, die ihre Lehrer anzeigten und damit ins Konzentrationslager brachten. Und: Die wenigsten Verhaftungen geschahen nach Ermittlungen der Gestapo, denn die Denunziationen kamen gewissermassen «frei Haus» durch die Bevölkerung in die Schergen-Zentralen.

Statt gerade hinzustehen und zu sagen «damit bin ich nicht einverstanden» verschleiern Feiglinge ihre gemeinhin verurteilenswerten Absichten mit Andeutungen, kaschieren sie mit Fach- oder Fremdwörtern. Dabei schleckt keine Geiss ewägg, dass es einen feinen Unterschied zwischen denunzieren und aufdecken gibt. Ersteres heisst auf Deutsch: einen Komplizen verraten oder zum eigenen Vorteil anzeigen, während man unter aufdecken einen Misstand, ein Unrecht oder Machtmissbrauch aufdecken versteht.

Apropos «eigener Vorteil»: Wem zum Vorteil dient ein Denunziantentum, eine Gesellschaft, die von Denunzianten überwacht wird? Das ist die interessante Frage. Das aufzudecken ist die vornehme, ja lebenswichtige Aufgabe jeden aufgeklärten Bürgers in unserer Demokratie. Am Beispiel der JSVP hiesse das, die Meinungsfreiheit so zu definieren, dass eine klare Grenze zwischen anderer Meinung und Denunziation gesetzt wird.

Von Jürg-Peter Lienhard


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